Vor 55 Jahren wurde das erste Saab Automobil ausgeliefert

Vor genau 55 Jahren, zum Jahresanfang 1950, begann für die schwedische Firma Saab (Svenska Aeroplan Aktiebolaget) eine neue Ära: Das zuvor auf die Konstruktion und Herstellung von Militärflugzeugen spezialisierte Unternehmen lieferte die ersten serienmäßigen Automobile an Kunden aus. Was mit streng geheim gehaltenen Testfahrten des Prototyps 92.001 im Jahr 1946 begonnen hatte, war zur käuflichen Realität geworden: Aus dem Ur-Saab mit seinem einzigartigen Design war ein Automobil namens Saab 92A entstanden, das die 1937 eingeschlagene Richtung von Saab grundlegend veränderte.

Alle Fahrzeuge der Baureihe, die in den ersten Jahren die Produktionshalle in Trollhättan verließen, waren grün lackiert und das silberne Logo auf der Fahrzeugfront stilisierte beide Unternehmensbereiche: Der auf einer rechteckigen Plakette fixierte Schriftzug "Saab" wurde links und rechts von zwei Flugzeugprofilen getragen. Obwohl das Markenlogo in den folgenden Jahren immer wieder modifiziert wurde, blieb die optische Verbindung mit dem Flugzeugbau noch lange erhalten.

Der Saab 92A war 392 cm lang, 162 cm breit und 142 cm hoch, der Radstand betrug 247 cm, sein fahrfertiges Gewicht lag bei 765 kg. Der wassergekühlte Zweizylinder-Zweitaktmotor schöpfte aus 764 cm3 Hubraum eine Leistung von 25 PS, die über ein Dreigang-Schaltgetriebe auf die Vorderräder übertragen wurde. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei zirka 105 km/h. Das Fahrwerk verfügte an Vorder- und Hinterachse über Drehstabfedern, die Längslenker bestanden aus Grauguss.

1949: die ersten Vorserien-Fahrzeuge

Über drei Jahre waren verstrichen zwischen den ersten Versuchsfahrten mit dem Prototypen des Ur-Saab und der Herstellung von 20 Vorserien-Fahrzeugen des Modells 92A im Sommer 1949. Denn einerseits mussten die im Automobilbau unerfahrenen Flugzeug-Konstrukteure die technischen HerausForderungen der Fortbewegung zu Lande meistern. Andererseits gingen der endgültigen Entscheidung für einen Einstieg in die Automobilproduktion viele interne betriebswirtschaftliche Diskussionen voraus.

1965: erstes deutsches "Kontaktbüro"

Dabei spielte nicht zuletzt auch das Thema Vertrieb eine entscheidende Rolle – eine schwierige Aufgabenstellung für einen gerade neu gegründeten Automobilhersteller. Saab lieferte die Personenwagen zum Beispiel nach Deutschland zunächst an einzelne Händler direkt aus. Ab 1965 gab es dann in Frankfurt am Main ein "Saab Kontaktbüro", das sich im Wesentlichen um die Beschaffung der Ersatzteile kümmerte. Erst 1973 wurde die Saab Deutschland GmbH gegründet – bis heute eine Tochter des schwedischen Mutterhauses Saab Automobile AB.

Bis der erste serienmäßige Saab Pkw das Werk verließ, gab es wichtige Termine in der Firmengeschichte. Zwei davon zeigten der Öffentlichkeit bedeutende Weichenstellungen des Unternehmens auf: Am 10. Juni 1947 wurde in Linköping der schwedischen Motorpresse der zweite Prototyp des Ur-Saab vorgestellt und mitgeteilt, Saab werde zukünftig in Trollhättan Automobile und in Linköping Flugzeuge bauen. Mitte Juni 1949 bestaunte die einheimische Bevölkerung im Rahmen der Ausstellung "Stadt am Fluss" dann erstmals das vom Ur-Saab in einigen wesentlichen Punkten deutlich abweichende Serienmodell Saab 92A.

Erfolg für Ljungström und Sason

Am 12. Dezember 1949 startete die Serienproduktion, Anfang 1950 begann die Auslieferung an die Kunden. Im folgenden Spätherbst wurde bereits das 1.000. Fahrzeug gebaut. Der Verkaufspreis betrug zu dieser Zeit 6.550 Schwedische Kronen. Der schnelle Erfolg des Modells 92A war auch eine Auszeichnung für die Anstrengungen von Ingenieur Gunnar Ljungström und Designer Sixten Sason, die maßgeblich die Realisierung des ersten Saab Pkw voran getrieben hatten. Sason ging später auch als Designer der weltberühmten Hasselblad-Kamera in die Geschichte ein.

Dem Saab 92A folgte ab Dezember 1952 der Typ 92B, der wesentliche Verbesserungen aufwies. Beispielsweise eine Heckklappe zur Beladung des kleinen Kofferraums von außen. Bis dato musste das Gepäck von innen über den Rücksitz eingeladen werden. Ab 1954 wurde auch die Leistung auf 28 PS gesteigert. Das Modell Saab 92 blieb bis zum Jahr 1956 auf dem Markt, insgesamt verließen über 20.000 Einheiten das Werk. Am 01. Dezember 1955 schließlich stellte Saab das Modell 93 vor, das einige Monate später die Nachfolge des Saab 92 antrat.

Früher Einstieg in den Motorsport

Mit der Entscheidung, in den Automobilbau einzusteigen, wurde Saab auch Teil der Geschichte des Motorsports. Bereits im Dezember 1949 hatte ein privater Händler und Rallyefahrer aus Norrköping, K. G. Svedberg, auf einem der 20 Vorserien-Modelle des Saab 92 auf Anhieb die Rallye "Östergötland-Runt" gewonnen – eigentlich war er nur angetreten, um die Wirkung des neuen Wagens auf das Publikum zu testen.

Rolf Mellde, Ingenieur für Motorenbau und neben Ljungström und Sason einer der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung des Saab 92, unterstützte fortan das Saab Motorsport-Engagement bei Rallyes und Rennen, die er als ideales Testfeld für die Serien-Entwicklung sah. Mellde startete immer wieder auch selbst bei diversen Motorsportveranstaltungen.

Nur zwei Jahre nach Svedbergs nationalem Sieg war es einem Damen-Team vorbehalten, für Saab den ersten ganz großen internationalen Erfolg einzufahren: Greta Molander und Margarete von Essen belegten Platz 1 der Damenwertung bei der legendären Rallye Monte Carlo 1952. Bis zu den ganz großen Erfolgen von Erik Carlsson, dem ersten Superstar des Rallyesports, sollten allerdings noch einige Jahre vergehen. "Mister Saab", aufgrund einiger spektakulärer Überschläge auch "Carlsson auf dem Dach" genannt, landete beispielsweise einen Hattrick bei der britischen RAC-Rallye (1960-62), gewann zweimal die Rallye Monte Carlo (1962/63) und siegte bei den Rallyes in Finnland und in Schweden.