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Auto News


Technik Der Daimler-Benz Fahrsimulator in Berlin

Motor & Technik


Der Daimler-Benz Fahrsimulator in Berlin

Der Fahrsimulator in Berlin, 1985Bei der Konstruktion neuer Fahrzeuge kann man heutzutage viel am Computer simulieren. Nur eins nicht zufrieden stellend: das menschliche Verhalten. Das war der Hauptbeweggrund der Daimler Benz AG für den Bau des Fahrsimulators. Er wird schließlich am 10. Mai 1985 im Forschungszentrum in Berlin-Marienfelde eingeweiht. In ihn investierte das Unternehmen die Summe von 25 Mio. DM, um das Verhalten von Fahrer und Fahrzeug im Straßenverkehr noch intensiver erforschen zu können.

Der Bogen der Einsatzmöglichkeiten ist weit gespannt, und den Ingenieuren ist von vornherein die Bedeutung des Fahrsimulators klar – doch die Bewilligung der Investitionssumme gelingt nur mit einem Kunstgriff: Denn der damalige Vorstandsvorsitzende Gerhard Prinz ist von der Idee mit seinen teuren Folgen nicht überzeugt. Doch zwei Mitarbeiter der Daimler-Benz Forschung können ihn vor einer Flugreise dazu bewegen, sich im Flugsimulator der Lufthansa am Flughafen Frankfurt/Main an das Steuer eines Düsenjets zu setzen und das "Feeling" eines solchen Geräts zu spüren. Das perfekte Erlebnis überzeugt Prinz nachdrücklich – der Vorstand genehmigt die Investition.

Flugzeugsimulatoren gibt es damals bereits, doch keine für Autos. So entwickelt die Daimler-Benz Forschung den Simulator komplett selbst. Dabei stellt das hochkomplexe System mit seinem komplizierten Zusammenspiel aus Mechanik, Hydraulik und Elektronik immer wieder neue HerausForderungen. Und der Zeitplan ist eng. Noch in der Nacht auf den 10. Mai 1985 wird an der Technik gearbeitet. Um zwei Uhr morgens, so heißt es, fallen die letzten Mitarbeiter müde ins Bett. Doch ihr Einsatz hat sich gelohnt: Am Morgen funktioniert der Simulator vor geladenen Gästen auf Knopfdruck genau so, wie es gedacht ist. Und eine neue Ära der Fahrzeug- und Verkehrsforschung beginnt.

Der Fahrsimulator funktioniert so: Der Erprobungsraum ist auf beweglichen, steuerbaren Hydraulikbeinen untergebracht. In ihm befindet sich eine 180-Grad-Projektionswand, welche simulierte Straßenszenen darstellt, realitätsnah mit Häusern, Verkehrsschildern, Fußgängern und Gegenverkehr. Vor dieser Projektionswand wird ein Fahrzeug installiert, seine Steuereinrichtungen sind über Datenleitungen mit der komplexen Computersteuerung des Fahrsimulators verbunden. Nun kann die Fahrt losgehen: Wie der Mensch am Lenkrad auch tätig ist mit Lenken, Gasgeben und Bremsen – es wird von der Computersteuerung sensibel aufgenommen und hat Auswirkungen. Die dargestellte Szenerie ändert sich ständig, und der auf den Hydraulikbeinen bewegliche Raum simuliert die Lage des Autos zum Untergrund, beispielsweise das Einnicken beim Bremsen oder Seitenneigung.

Was einfach klingt, ist in Wahrheit ein hochkomplexes Rechenverfahren. Die Hydraulik des Fahrsimulators führt alle vermeintlichen Bewegungen des Autos in Echtzeit aus. Steuert der Wagen in eine Linkskurve, muss die Plattform sich im gleichen Augenblick und in dem Maß nach rechts außen neigen, wie es der Querdynamik des Autos entspricht. Perfekt wird die Illusion aber erst, wenn der Fahrer am Lenkrad auch die entsprechenden Rückstellkräfte spürt und das Quietschen der Reifen hört. Dies und noch viel mehr vermittelt der Fahrsimulator.

Somit hat die künstliche Fahrt höchste Realitätsnähe. Mit einem großen Vorteil im Vergleich zur Wirklichkeit: Die Reaktionen des Menschen am Steuer können genau beobachtet werden, und natürlich können ihm auch ganz gezielt Aufgaben gestellt werden.

Ausweichen in Gefahrsituationen zum Beispiel. Wie reagiert die Mehrheit der Autofahrer? Im Fahrsimulator fanden die Ingenieure von Mercedes-Benz heraus, dass die meisten Probanden zwar schnell aufs Bremspedal treten, aber nicht kraftvoll genug – und wertvoller Anhalteweg wird verschenkt. Diese Erkenntnis führte zur Entwicklung des Brems-Assistenten (BAS), der die Situation erkennt und automatisch die maximale Bremskraft verstärkt.

Nicht nur der Impuls zu derartigen Entwicklungen geht oftmals vom Fahrsimulator in Berlin aus, in ihm werden die neuen Technologien auch anschließend erprobt. Das Ergebnis einer Reihenuntersuchung im Fall des Bremsassistenten, bei der 55 Autofahrerinnen und Autofahrer mit Tempo 50 durch eine Ortschaft fuhren, plötzlich ein Kind vor das Fahrzeug lief und eine Notbremsung die einzige Möglichkeit war, den Unfall zu vermeiden: BAS verringerte die Unfallquote um 26 Prozent. Er ging 1996 erstmals bei Mercedes-Benz in Serie und heute gehört er zur Serienausstattung aller Mercedes-Benz Personenwagen.

Der Fahrsimulator erlaubt auch das Fahren mit Autos, die noch im Konstruktionsstadium sind und nur als Datensammlung existieren. Motor, Schaltung, Fahrwerk und Bremsen können schon getestet werden, bevor die ersten realen Versuchsautos auf den Rädern stehen. Bei allen Wetterlagen und Straßenzuständen, im Stadtverkehr, auf der Autobahn, im Gebirge. Im Nebel und bei Gegenlicht. In Echtzeit und mit allen Bewegungen, die ein Auto im Fahrbetrieb, in schnellen Kurven, beim Beschleunigen oder Bremsen vollführt.

Aber nicht nur das. Die Forscher beschäftigen sich genauso mit Fragen wie zum Beispiel der sinnvollsten Streckenführung einer projektierten Strasse, mit der "einladenden" Gestaltung von Tunneleinfahrten oder der Stressbelastung von Fahrern bei diversen Verkehrsverhältnissen. Der Rahmen der Forschung mit dem Fahrsimulator ist weit gesteckt.


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