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Thema: Motorsport


Renault: Gelbe Formel 1 Ära

Gelber Tee-Kessel: RS01Nach dem Formel 1 Start mit einem Turbomotor im Juli 1977, hatte Renault mit der Technik des "gelben Tee-Kessels" nach einigen Startschwierigkeiten insgesamt 20 Grand Prix-Siege.

Eine neue Ära brach an: Am Nachmittag des 17. Juli 1977 startete in Silverstone erstmals ein Formel 1-Bolide mit Turbomotor zu einem Grand Prix. Lackiert in den traditionellen Renault-Farben erhielt der RS01 schnell den Spitznamen "gelber Teekessel" – zu sehr erinnerten die durch den Turbolader verursachten zischenden Geräusche an kochendes Wasser. Doch die Renault-Ingenieure ließen sich von den Spöttern nicht verunsichern: Sie zeigten sich entschlossen, sich mit dem 1,5-Liter Turbomotor gegen die Dreiliter-Sauger der Konkurrenz durchzusetzen. Die Entwicklung vorantreiben sollte Jean-Pierre Jabouille, der sich einen Ruf als ebenso schneller wir technisch versierter Pilot erworben hatte. "Jeder im Team arbeitete unglaublich hart", erinnert sich der heute 61-jährige Franzose. "Wir alle waren von dem Projekt überzeugt. Aber keiner wusste, wann der Durchbruch kommen würde." Der 90-Grad-V6 verfügte über einen Hubraum von 1.492 ccm (Bohrung: 86 mm, Hub: 42,8 mm). Die vier Zylinder mit jeweils vier Ventilen wurden über einen einzigen Turbolader zwangsbeatmet. Die Turbo-Technologie hatte Renault zuvor erfolgreich im Prototypen-Sport erprobt. Daher wussten die Ingenieure unter anderem, dass sich ein Turbomotor auch aus ökonomischen Gründen rechnete. Die Leistung lag bei rund 500 PS, sobald der Turbo arbeitete – im unteren Drehzahlbereich waren es allerdings nur knapp 150 Pferdestärken.

Premiere mit Hindernissen: Der erste Auftritt der revolutionären Technik verlief nicht nach Plan. "Es war dramatisch", kommentierte François Castaing, Motorenchef bei Gordini, nach dem Großen Preis von Großbritannien. "Noch bevor wir eine Grund-Abstimmung erarbeitet hatten, verabschiedete sich der Turbolader", gesteht Jabouille. "Wir erkannten schnell, dass die Ursache dafür in der extremen Hitze lag, die von der Auspuffanlage abstrahlte. Einige der Entwicklungen, die zuvor wie gute Lösungen erschienen, erwiesen sich nun als Fallstricke. Doch mit stoischer Ruhe löste das Team ein Problem nach dem anderen, wie Jabouille an einem Beispiel schmunzelnd schildert: „Schwierigkeiten am Ladeluftkühler ließen den Motor regelmäßig überhitzen. Dadurch tropfte Öl auf den Auspuff und den Turbolader: Bei Temperaturen von über 900 Grad Celsius bleiben Rauch und Feuer da nicht aus. In diesen Fällen bin ich ganz ruhig aus dem Auto geklettert und habe meine Handschuhe in den Auspuff gestopft – das Feuer erlosch sofort."

Auch seinen Fahrstil musste Jabouille grundlegend ändern: „Als ich das erste Mal mit dem Wagen gefahren bin, hatten wir noch das Problem mit dem Turboloch“, beschreibt der ehemalige Renault-Pilot. "Wenn du das Gaspedal voll durchgetreten hattest, kam die Kraft des Motors erst mit einiger Verzögerung. Ich habe mich wirklich gefragt, wie wir das in den Griff kriegen sollten." Bei den Zweiliter-Turbomotoren der Prototypen tauchte dieses Problem nicht auf – durch die Reduzierung des Hubraums auf 1,5 Liter sprachen die Lader jedoch schlechter an. "Ich musste also immer viel früher auf das Pedal treten, als ich die Kraft wirklich brauchte", fährt Jabouille fort. "Manchmal stimmte das Timing. Manchmal kam der Schub aber viel früher, als ich erwartete hatte – dann folgte unweigerlich der Dreher. Gleichzeitig galt es auch vor Kurven immer etwas zu bedenken: Wenn ich den Fuß vom Gaspedal nahm, dauerte die Turbo-Power noch etwas an...", erinnert sich der 56-fache Grand Prix-Pilot. "Wir hatten nicht mit so vielen Startschwierigkeiten gerechnet. Aber dafür gewannen wir bereits nach anderthalb Jahren die ersten Rennen – welches Team träumt nicht von einer solchen Erfolgskurve?"

Auch mit dem ersten aufgeladenen V6 in der Königsklasse – dem direkten Nachfolger des Renault Vierzylinder-Turbos – gab es Startschwierigkeiten, wie Jabouille erklärt: „In den kälteren Wintermonaten funktionierte alles problemlos. Gegen Saisonmitte, also im Sommer, verloren wier aber Leistung.“ Fortschritte in der Motor-Elektronik eliminierten schließlich diese Schwierigkeiten. "Am liebsten erinnere ich mich aber an die Startschwierigkeiten des Sechszylinders auf höher gelegenen Rennstrecken", fährt der Franzose lachend fort. "Im südafrikanischen Kyalami dauerte es manchmal vier oder fünf Stunden, bis wir den Motor ans Laufen brachten. Durch die Höhe lagen die Kompressionswerte innerhalb des Triebwerks so niedrig, dass der Kraftstoff nicht zünden wollte. Wir mussten also jedes Mal vorher alles erwärmen. Zwischendurch hatten wir sogar überlegt, den Motor in der Nacht jede Stunde einmal anzulassen, damit er gar nicht erst abkühlte..."


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