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Thema: Info & News


Qualtitätssiegel für Fahrschulen gefordert

Der ACE Auto Club Europa hat die Fahrschulen in Deutschland dazu ermuntert, in ihrer Branche ein Qualitätssicherungs-System aufzubauen. Das könne auf der Grundlage einer freiwilligen Selbstverpflichtung geschehen. "Die staatliche Fahrschulüberwachung wird damit aber keinesfalls überflüssig", sagte ACE-Fachmann Gert Schleichert auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar. Nach seiner Darstellung wird der Wettbewerb der Fahrlehrer fälschlicherweise vor allem unter Preisgesichtspunkten ausgetragen. Die Prüfungserfolge der Fahrschüler und die Qualität der Ausbildung seien aber nicht an der Minimierung der Ausbildungskosten ablesbar, sondern an der tatsächlich erworbenen und bewiesenen Befähigung, ein Fahrzeug sicher zu steuern.

"Es dient Fahrlehrern und Fahrschülern gleichermaßen, wenn mehr auf Qualitätssicherung in Theorie und Praxis geachtet wird", sagte Schleichert. Der Experte fügte hinzu: "Wir wollen Verkehrsteilnehmer, die sich verantwortungsvoll, umweltbewusst, rücksichtsvoll und partnerschaftlich verhalten. Das ist der eigentliche Erziehungsauftrag der Fahrschulen". Angesichts der Unfallzahlen bei jungen Fahranfängern können nach Darstellung des ACE aber Zweifel aufkommen, ob alle Fahrschulen wirklich sämtliche Register der modernen Verkehrspädagogik ziehen.

Deutschland hat Anfängerrisiko nicht im Griff

Unter Berufung auf Angaben des Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR), wies der ACE darauf hin, dass in Deutschland mehr junge Fahranfänger bei Verkehrsunfällen sterben als im europäischen Durchschnitt. Von je 100.000 Einwohner im Alter von 18 bis 24 sind in Deutschland 21 junge Leute hinterm Steuer tödlich verunglückt. Die beste Bilanz in diesem europäischen Vergleich legt wie schon beim schulischen PISA-Test Finnland vor. Dort wurden"nur"13 Verkehrstote unter 100.000 jungen Leuten registriert. Am anderen Ende der Skala rangiert Frankreich mit 29 Todesopfern je 100.000 Einwohnern im Alter von 18 bis 24.

Absolventen aus ostdeutschen Fahrschulen patzen häufiger

Laut ACE werden in Deutschland jedes Jahr etwa 3,5 Millionen Fahrerlaubnisprüfungen abgelegt. Mehr als 28 Prozent der Prüfkandidaten fallen auf Anhieb durch, bei der ersten Wiederholungsprüfung liegt die "Patzer"-quote mit knapp 38 Prozent noch höher. Die meisten Misserfolge in der theoretischen und praktischen Fahrprüfung verzeichnen Absolventen aus Fahrschulen, die sich in den neuen Bundesländern angesiedelt haben. Dort beträgt die Durchfallquoten durchweg bis zu 38 Prozent. Ähnlich schlechte Ergebnisse liefern nur noch Schüler aus Hamburger und Berliner Fahrschulen. Der ACE moniert, dass hinsichtlich der Prüfungsergebnisse und deren Ursachen kaum Transparenz herrscht. Es existierten in den zuständigen Aufsichtsbehörden und beim TÜV lediglich interne und inoffizielle Dossiers mit Angaben darüber, um welche Fahrschulen es sich handelt, die dauerhaft eine überdurchschnittlich hohe Durchfallquote bei ihren Schülern zu verzeichnen haben.

Fahrlehrer müssen nur 6 Stunden im Jahr selbst auf die Schulbank

Nach Angaben des ACE genügen Fahrlehrer ihrer gesetzlichen Pflicht zur eigenen Fortbildung, wenn sie innerhalb von vier Jahren an drei Tagen selbst die Schulbank drücken. Das sind im Jahr durchschnittlich nur sechs Stunden Unterricht, der nach Ansicht des ACE keinesfalls ausreicht, um sich fachlich und pädagogisch auf dem Laufenden zu halten. Daher fordert der Club, die Aus- und Weiterbildung der Fahrlehrer zu intensivieren. Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung als Fahrlehrer sind derzeit ein Hauptschulabschluss und eine abgeschlossene Lehre. Mit Blick darauf forderte der ACE, das Niveau der Zugangsvoraussetzungen deutlich anzuheben. In Deutschland gibt es heute etwa 13.500 Fahrschulen. Unter Berufung auf Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) nannte der ACE die Zahl von rund 57.000 behördlich registrierten Fahrlehrern. Das sind 10.000 weniger als noch vor zehn Jahren

Institute in der Strukturkrise

Der ACE rechnet im Zuge des Wettbewerbs mit einem noch stärker werdenden Ausleseprozess. Der geringer werdenden Zahl von Fahrschülern stehe ein Überangebot von Fahrschulplätzen gegenüber. Auf dem Markt könnten sich auf Dauer wahrscheinlich nur solche Institute halten, die ihre traditionellen Strukturen selbstkritisch in Frage stellten, erklärte der ACE mit Blick auf die so genannten Ein-Mann-Fahrschulen. Die Zukunft im Fahrschulmarkt gehöre wahrscheinlich solchen Einrichtungen, die miteinander kooperierten oder den Zusammenschluss suchten. Fahrschulen, die sich auf hohem pädagogischem Niveau bewegen, haben laut ACE die größte Chance auf eine ökonomisch gesicherte Zukunft.

Deutsche Fahrschulen immer noch ohne Gütezeichen

Gütezeichen für Fahrschulen gibt es inzwischen in Finnland, Großbritannien, Schweden und Norwegen. Eine Zertifizierung von Fahrschulen wird es nach Informationen des ACE demnächst auch in der Schweiz und in Irland geben. In Deutschland, so die Kritik des ACE, werde seit mehr als zehn Jahren über ein Qualitätssiegel für Fahrschulen lediglich diskutiert. Politische Absichtserklärungen seien im Sande verlaufen. Der Club wies auf einen von der EU finanzierten Projektbericht hin, der 2007 vorgelegt werden soll. Er enthält erstmals europäische Mindestanforderungen an die Schulung von Fahrlehrern (MERIT / Minimum European Requirements of Driving Instructor Training). Unabhängig von solchen begrüßenswerten Bemühungen zur Qualitätssicherung, fehlt es nach Ansicht des ACE aber an verlässlichen Grundlagen, um eine europäische Harmonisierung des Fahrschulwesens auf hohem Niveau zu befördern. Weder die Europäische Fahrlehrerassoziation (EVA) oder die Deutsche Fahrlehrerakademie, noch andere zuständige Institutionen verfügten über vergleichende Studien etwa zu den Ergebnissen von Führerscheinprüfungen und Ausbildungsstandards.

Fahrschulen mit Schlüsselstellung in der Verkehrserziehung

Fahrschulen fristeten im Vergleich mit Kindergärten, Schulen und Universitäten derzeit noch ein gesellschaftliches Schattendasein, kritisierte der ACE. Dabei ginge es in Fahrschulen um nicht weniger als die Vermittlung einer existentiellen Unfallvermeidungsstrategie. Führerscheinaspiranten müssten sie richtig anzuwenden verstehen. Das entscheide im Straßenverkehr nicht selten über Leben oder Tod. Verkehrsunfälle sind keine schicksalhafte, unvermeidbare Nebenerscheinung des Straßenverkehrs und der Mobilität, sondern meistens eine Folge vermeidbaren Fehlverhaltens, betonte der ACE. Den Fahrschulen komme daher eine entscheidende Schlüsselstellung in der Verkehrserziehung zu.

Fahrschulpreise ziehen an

Die Kosten zum Erwerb des Führerscheins dürften nach einer Prognose des ACE auch in diesem Jahr weiter steigen. Fahrschulen würden sich gezwungen sehen, angesichts des anhaltenden Höhenflugs der Benzinpreise, auch die Gebühren für Fahrstunden anzuheben, berichtete der ACE. In der Branche sei die Rede von einer Gebührenerhöhung für Fahrstunden um bis zu drei Prozent. Derzeit müssen Fahrschüler für 45 Minuten fahrpraktischen Unterricht durchschnittlich etwa 35 Euro entrichten. Mit allen Anmelde-, Unterrichts- und Prüfungsgebühren sowie den Kosten für Lernmittel und Sehtest, müssen in einen Führerschein der Klasse B (Pkw) heute etwa zwischen 1.300 und 1.700 Euro investiert werden. Die Zahl der erforderlichen Fahrstunden schwankt erfahrungsgemäß zwischen 20 und 30. Fahrschüler, die mit ihrer Ausbildung oder dem Fahrlehrer nachhaltig unzufrieden sind, sollten prüfen, das Institut zu wechseln, rät der ACE. Möglicherweise könnten auch inzwischen eingerichtete "Schiedsstellen für Fahrschulen" Konflikte zwischen Schüler und Fahrlehrer lösen helfen.

Erste Fahrschule im "Referat für Spektakel"

Die erste "Fahrschule" auf dem europäischen Kontinent war bei der Wiener Polizei im "Referat für Spektakel" angesiedelt und dürfte schon im Jahre 1892 ihre Pforten geöffnet haben. Wie der ACE Auto Club Europa am Rande des Deutschen Verkehrsgerichtstages in Goslar berichtete, soll dort seinerzeit ein Graf Siegfried Dümpffen die Genehmigung zum Betrieb eines Dampf-Automobils beantragt haben. Eine später vom Rektor der Wiener Technischen Hochschule angeführte Kommission stellte nach eingehender "theoretischer" Prüfung des Gesuchs die erste Fahrerlaubnis aus. Nur 12 Monate später, im Jahre 1893, nahm sich der französische Polizeipräfekt von Paris ein Beispiel an der alpenländischen Fahrschulpraxis und dekretierte, dass sich von sofort an alle Besitzer von "Motorwägen" vor Abfahrt einer speziellen Prüfung zu unterziehen hätten. So geschah es denn auch.

In Deutschland dauerte es bis zur Einführung von Fahrschulen noch zehn Jahre. Dann wurde laut ACE auch gleich der erste Führerschein ausgestellt. Man schrieb das Jahr 1903. Führerscheinstelle war damals der "Dampfkesselüberwachungsverein", der später als TÜV firmierte. Amtlich geregelt wurde das Führerscheinwesen in einem preußischen Ministererlass. Der TÜV selbst datiert die Ausstellung der ersten Fahrerlaubnis auf das Jahr 1904. Die Angaben werden vom ACE leicht in Zweifel gezogen. Der Club mutmaßt, dass viele historische Urkunden rund um Führerscheine und Fahrschulen noch in den "tiefen Schlaglöchern der Verkehrsgeschichte" versteckt sind.

Kein Mobilfunk für Fahrlehrer

Für Fahrschulpädagogen gibt es kein Handyprivileg. Selbst Fahrlehrer, die nicht persönlich hinterm Steuer sitzen, sondern auf dem Beifahrersitz Schüler begleiten, dürfen nicht mit dem Handy telefonieren. Wie der ACE Auto Club Europa auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag in Goslar erklärte, resultiert das absolute Handyverbot für Fahrlehrer aus den Bestimmungen des Straßenverkehrsgesetzes. Danach gilt der Fahrlehrer als "Führer des Kraftfahrzeuges", wenn er im fahrenden Wagen ausbildet, prüft oder sonst wie die Eignung oder Befähigung des Fahrschülers begutachtet. Per Definition unterliegt der Fahrlehrer damit zugleich der Straßenverkehrsordnung (StVO), in der dem Fahrzeuglenker die Benutzung des Handys untersagt wird. Die Klarstellung der Rechtslage ist aus Sicht des ACE auch deshalb wichtig, weil bei Fahrlehrern und Fahrschülern darüber immer wieder Zweifel auftauchen.


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