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Thema: Wirtschaft & Handel


Bund fordert über 5,1 Milliarden Euro vom Mautkonsortium

Bundesminister Dr. Manfred Stolpe hat heute dem Schiedsgericht die Klagebegründung für das Schiedsverfahren gegen DaimlerChrysler Financial Services AG, Deutsche Telekom AG und Toll Collect GbR übermitteln lassen. Mit der fast 500 Seiten umfassenden Klageschrift verfolgt das Ministerium den finanziellen Ausgleich von Einnahmeausfällen in Höhe von etwa 3,5 Milliarden Euro, die dem Bund durch die um 16 Monate verspätete Einführung der streckenbezogenen Lkw-Maut entstanden sind. Zusätzlich werden Vertragsstrafen in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro sowie weitere Forderungen aus dem Betreibervertrag geltend gemacht. Wegen weiterer Verstöße seit Einleitung des Verfahrens hat sich die ursprüngliche Summe von 4,6 Milliarden Euro inzwischen auf 5,1 Milliarden Euro erhöht.

Mit dem Betreibervertrag vom 20. September 2002 versprach das Mautkonsortium, zum 01. September 2003 mit der Mauterhebung zu beginnen und das Mautsystem rechtzeitig für diesen Zweck zu errichten. Tatsächlich kann die Maut erst seit dem 01. Januar 2005 mit einer Verspätung von 16 Monaten und auch nur mit eingeschränkter Funktion des Systems erhoben werden. Das vertraglich geschuldete, vollständige Mautsystem wird erst ab Januar 2006 zur Verfügung stehen.

Bereits bei Vertragsschluss stand, wie inzwischen bekannt ist, fest, dass das Mautkonsortium den Termin des 01. September 2003 unmöglich einhalten konnte. Schon bei Abgabe ihres endgültigen Angebots am 30. April 2002 erweckte es den Eindruck, kurz vor der Fertigstellung des Mautsystems zu stehen und bereits mit den erforderlichen Tests begonnen zu haben. In Wahrheit standen die Unternehmen erst am Beginn der Entwicklung eines vereinbarungsgemäßen Mautsystems. Sie verfügten bei Vertragsschluss noch nicht einmal über die notwendigen Spezifikationen wesentlicher Teilsysteme des Mauterhebungsverfahrens. Gegenüber ihren eigenen Zeitangaben waren sie uneinholbar im Rückstand. Außerdem hatte die Anwendungssoftware für die Fahrzeuggeräte (OBUs) bereits vor Vertragsschluss einen schwerwiegenden technischen Fehler, den die Beklagten mangels Tests erst sehr viel später feststellten. Das vertragsgerechte automatische Mautsystem kann auch deshalb nicht vor dem 01. Januar 2006 eingesetzt werden.

Das Mautkonsortium informierte den Bund nie über den wirklichen Projektstand. Es hielt die vertraglich geschuldeten Auskünfte und Dokumentationen gezielt zurück. Die jeweils erreichten Entwicklungsstände wurden auch in allen Projektplänen bewusst unrichtig angegeben. Dieses Täuschungsmuster hielt bis Mitte 2004 an.

Der Betreibervertrag sieht für die verspätete Inbetriebnahme des Mautsystems eine - gemessen an dem Schaden - minimale Vertragsstrafe vor und schließt eine weitergehende Verschuldenshaftung aus. Die Beklagten sahen darin offensichtlich einen Freibrief für beliebige Vertragsverletzungen. Entsprechend haben sie sich verhalten. Dennoch schützt diese Haftungsbegrenzungsklausel sie nicht, denn kraft Gesetzes kann die Haftung für vorsätzliches Handeln nicht ausgeschlossen werden. Sie haben den Bund getäuscht, indem sie ihre Zusagen zu den Terminen der Inbetriebnahme des Systems teils in Kenntnis der Verzögerungen und teils ohne hinreichende Grundlage ins Blaue hinein, also arglistig, abgegeben haben. Überdies haften sie aus einer Garantieerklärung unabhängig von jedem Verschulden.

Zusätzlich zu der verspäteten Mauteinführung haben die Beklagten in einer großen Zahl von Fällen bewusst und systematisch Pflichten aus dem Vertrag verletzt. Hierfür sieht der Betreibervertrag zum Teil erhebliche Vertragsstrafen vor. Mittlerweile sind diese in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro angefallen.

Stolpe erklärte, dass im Interesse der nach dem Neuanfang im April 2004 gewachsenen konstruktiven Zusammenarbeit die Klärung der belastenden Vorgeschichte notwendig ist. Die Klage erfolgt auf der Grundlage des von beiden Seiten vereinbarten Schiedsverfahrens.


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