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Thema: Messen


Deutsche Aussteller bei Nutzfahrzeugmesse Comtrans in Moskau

Auf der Nutzfahrzeugmesse Comtrans in Moskau sagte Dr. Kay Lindemann, Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie:

Mehr als 20 deutsche Unternehmen – darunter Zulieferer sowie Hersteller von Nutzfahrzeugen und Anhängern und Aufbauten – sind 2015 als Aussteller auf der Comtrans vertreten. Die Präsenz der Unternehmen findet in diesem Jahr unter schwierigen Bedingungen statt – sowohl außenpolitisch als auch konjunkturell. Dies spiegelt sich auch in der insgesamt gesunkenen Zahl der Aussteller wider. Trotz der derzeitigen angespannten politischen Lage und den schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen halten die Unternehmen der deutschen Nutzfahrzeugindustrie an ihrer grundlegenden Einschätzung fest, dass Russland ein wichtiger Markt für Nutzfahrzeuge bleibt. Die Hersteller von Nutzfahrzeugen, Anhängern und Aufbauten und Zulieferer sehen das unverändert große Potenzial des russischen Marktes. Sie wollen die wirtschaftlichen Bande, die in der Vergangenheit geknüpft wurden, weiter aufrechterhalten. Gleichzeitig hoffen sie auf eine baldige diplomatische Lösung der politischen Krise.

Effiziente Antriebe, moderne Sicherheits- und Telematiksysteme

Die deutschen Nutzfahrzeug-, Trailer- und Aufbautenhersteller sowie Zulieferer präsentieren in Moskau zuverlässige Produkte und Technik "Made in Germany". Damit haben sie sich bei ihren Kunden in Russland und den Anrainerstaaten einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Nun stehen wir vor dem nächsten Innovationssprung. Unsere Hersteller zeigen Fahrzeuge mit modernen, leistungsfähigen und verbrauchs- sowie schadstoffarmen Antrieben. Hinzu kommen Sicherheits- und Assistenzsysteme, die Unfälle gänzlich vermeiden oder Unfallfolgen zumindest erheblich reduzieren helfen. Die Unternehmen bieten darüber hinaus moderne Telematiksysteme für die Warenverfolgung, die Temperaturkontrolle bei Kühltransporten, Ladungssicherung, das Fahrzeug- und Flottenmanagement und vieles mehr an. Diese Systeme, mit denen sich die Logistik- und Transportleistung noch effizienter und hochwertiger gestalten lässt, werden gerade im europäischen Teil Russlands zunehmend nachgefragt.

Lage des russischen Nutzfahrzeugmarktes

Im Moment sind positive Konjunkturmeldungen für Russland leider Mangelware. Der russische Nutzfahrzeugmarkt steckt in der Krise. Der russische Markt für schwere Nutzfahrzeuge über 6 Tonnen war in den Jahren nach der Krise von 2008 und 2009 rasant gewachsen. 2012 hatte der Markt mit gut 134.000 Einheiten sein bislang höchstes Volumen erreicht. Seitdem ist der Markt jedoch stark rückläufig. 2013 sanken die Neuzulassungen um 22% auf 105.000, 2014 gab der Absatz noch einmal um 23% auf 81.000 nach. Im laufenden Jahr erwarten wir abermals einen Rückgang der Nachfrage um etwa ein Viertel auf etwa 61.000 neue Fahrzeuge. Das bedeutet, dass sich der Markt innerhalb von drei Jahren deutlich mehr als halbiert hat. Leider ist eine Trendumkehr in Russland derzeit noch nicht erkennbar.

Ein kurzer Blick nach Mittel- und Osteuropa: Nach einem Rückgang im Jahr 2014 haben sich die Zulassungen von Nutzfahrzeugen über 6 Tonnen in den mittel- und osteuropäischen Staaten in den vergangenen Monaten wieder besser entwickelt. Insgesamt hat der Absatz in den "neuen EU-Staaten" im ersten Halbjahr 2015 um knapp ein Viertel zugelegt. In wichtigen Märkten wie Polen, Tschechien, Rumänien, Ungarn oder auch dem Baltikum sind die Zulassungen zweistellig gestiegen.

Zwei-Säulen-Strategie, Vor-Ort-Produktion deutlich rückläufig

Die deutsche Nutzfahrzeugindustrie hat auch in Russland immer auf eine Zwei-Säulen-Strategie gesetzt, bei der Export aus deutschen Werken nach Russland durch Produktion im Land selbst ergänzt wird. Die Vor-Ort-Fertigung, die in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen war, ist seit 2014 jedoch eingebrochen. Die Produktion in den Werken deutscher Nutzfahrzeugunternehmen läuft teilweise auf niedrigem Niveau.

Neben der schwachen Nachfrage wirken sich die wechselseitigen Sanktionen, die derzeit zwischen der Europäischen Union und der Russischen Föderation bestehen, auf die deutsche Nutzfahrzeugindustrie aus. Die direkten und indirekten Folgen der Wirtschaftssanktionen, der schwache Rubel und die schwache Binnenkonjunktur machen es für russische Verbraucher und Unternehmen immer schwieriger, Importgüter zu kaufen. Auch die Hersteller von Nutzfahrzeugen, Anhängern, Aufbauten und ihre Zulieferer spüren die politische und konjunkturelle Krise daher deutlich. So führen etwa die Nachfragerückgänge bei Kraftfahrzeugen, Lebensmitteln aus Europa und anderen Investitions- oder Konsumgütern zu einer Abnahme des Frachtvolumens in Russland. Damit sinkt auch die Nachfrage nach Nutzfahrzeugen und Anhängern, die diese Fracht transportieren.

Anhänger- und Aufbautenhersteller in Russland

Die Anhänger- und Aufbautenhersteller aus Deutschland haben sich in Russland einen guten Ruf und eine solide Marktposition erarbeitet. Aber natürlich leiden auch sie unter der schwachen Marktnachfrage. Diese Rückgänge sind nur teilweise durch die gute Entwicklung in Westeuropa zu kompensieren. Das Gleiche gilt für die osteuropäischen Märkte, vor allem Polen, die sich erfreulicherweise positiv entwickeln.

Exportwert deutscher Zulieferer nach Höchstniveau

Auch die deutschen Zulieferer sind auf dem russischen Markt aktiv. Im Jahr 2013 stieg der Exportwert von Teilen und Zubehör noch einmal leicht auf ein neues Höchstniveau von rund 2,7 Mrd. Euro. Noch deutlicher waren die Steigerungen in den drei vorangegangenen Jahren ausgefallen. Der Exportwert ging seither zurück und lag 2014 bei nur noch 2,0 Mrd. Euro. Im bisherigen Jahresverlauf (Januar-Juni 2015) war noch einmal ein Minus von 37% zu verzeichnen. Die deutschen Zulieferer beliefern sowohl internationale als auch russische Hersteller von Nutzfahrzeugen und Pkw.

Keine Einbahnstraße: Russische Exporte in den vergangenen Jahren gestiegen

Russland hat in den vergangenen Jahren seinerseits als Exporteur zunehmend an Bedeutung gewonnen – naturgemäß von einem niedrigeren Niveau aus. So stieg der Wert von Kraftwagen sowie Teilen und Zubehör, die Russland produzierte und nach Deutschland exportierte, 2013 auf über 65 Millionen Euro. Das entsprach einer Versechsfachung gegenüber dem Jahr 2000. Auch 2014 sind diese Exporte trotz der schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage weiter gestiegen: Russland exportierte automobile Güter im Wert von 74 Millionen Euro nach Deutschland, das war ein Plus von 13%. Auch im ersten Halbjahr 2015 war erneut ein Zuwachs zu verzeichnen, und zwar von 5%. So unterschiedlich die Ausgangspositionen auch sein mögen, der automobile Handel zwischen Deutschland und Russland war und ist keine Einbahnstraße. Beide Seiten können von offenen Märkten profitieren.

Investitionsklima bleibt angespannt

Unsere Mitgliedsunternehmen sowohl aus dem Nutzfahrzeug- als auch aus dem Pkw-Bereich haben hohe Investitionen in Russland getätigt, weil die mittelfristigen Marktprojektionen sehr positiv waren. Die aktuelle politische Realität dürfte den Markt in seiner Entwicklung allerdings um mehrere Jahre zurückwerfen. Russland sollte ein Interesse daran haben, dass verlorenes Vertrauen wieder hergestellt wird und, dass sich die außenpolitische und konjunkturelle Situation wieder entspannt. Denn darin liegt die Voraussetzung für dringend notwendige Investitionen aus Europa. Die Hoffnung, dass höhere Zölle oder sogar Einfuhrverbote zu Investitionen europäischer Unternehmen in Russland führen, könnte enttäuscht werden. Das Klima für Investitionen ist derzeit, sehr zu unserem Bedauern, durch große Verunsicherung geprägt.

Unternehmen wollen qualifizierte Beschäftigte halten

Das Engagement von über 20 deutschen Unternehmen auf der Comtrans zeigt dennoch, dass sie auf mittlere Sicht von einem großen Potenzial des russischen Marktes ausgehen und mit dem Standort verbunden bleiben wollen. In der derzeitigen kritischen wirtschaftlichen Situation, stehen sie vor der Herausforderung, den Personaleinsatz gegebenenfalls anpassen zu müssen. Für technologieorientierte Unternehmen ist es dabei unerlässlich, das Know-How von Mitarbeitern auch in Krisenzeiten zu sichern und diese im Unternehmen nach Möglichkeit zu halten. Dies kann allerdings erhebliche Auswirkungen auf die Rentabilität des Unternehmens haben, weshalb unterstützende Regelungen sehr zu begrüßen wären.

Russland in der WTO: Integration in die Weltwirtschaft vorantreiben

Im Jahr 2012 hat Russland eine wichtige wirtschaftspolitische Weichenstellung vorgenommen: Das Land wurde Vollmitglied der Welthandelsorganisation (WTO). Damit wurde ein deutliches Signal für eine dauerhafte Integration Russlands in die Weltwirtschaft gesetzt. Die europäische Automobilindustrie setzt – wie wir schon vor zwei Jahren betonten – weiterhin darauf, dass Russland sich die Regeln des internationalen Handels noch stärker zu eigen macht und seine Industrie- und Handelspolitik danach ausrichtet. Stabile Rahmenbedingungen und die Gleichbehandlung heimischer und ausländischer Unternehmen sind unerlässlich, um das Potenzial des russischen Nutzfahrzeugmarktes und Produktionsstandortes zu heben.

Bestimmungen zur Zollabfertigung (TIR)

Positive Signale sind in Sachen Zollabfertigung zu vermelden: Noch vor kurzem war befürchtet worden, dass TIR-Transporte auf dem russischen Territorium künftig nur mit zusätzlichen nationalen Sicherheiten erfolgen sollen. Das hätte längere Transitzeiten, Einschränkungen der Versorgungssicherheit, Liefertreue und Planbarkeit und nicht zuletzt Kostensteigerungen nach sich ziehen können. Der Föderale Zoll-Service (FCS RF) der Russischen Föderation hatte kürzlich jedoch mitgeteilt, dass die Bürgschaftsvereinbarung mit dem national bürgenden russischen Verband ASMAP aus dem Jahr 2004 bis auf Weiteres wieder eingesetzt wurde. Für die Unternehmen mit entsprechenden Transporten ist dies ein gutes Zeichen. Wenngleich sie insgesamt unter dem Rückgang des Handels- und Transportvolumens mit Russland leiden.

QMC

Der Verband der Automobilindustrie unterstreicht sein langfristiges Interesse an einer wirtschaftlichen Partnerschaft mit Russland darüber mit der Arbeit seines Qualitäts-Management-Centers (VDA QMC) in Russland. Auf dem russischen Automobilmarkt ist unter anderem die Steigerung der Produkt- und Prozessqualität von entscheidender Bedeutung. Der VDA hat bereits vor sechs Jahren in Moskau ein Büro seines Qualitäts-Management-Centers gegründet. Es begann Anfang 2009 mit der Arbeit. Um russischen Anforderungen zu entsprechen, erhöhen die deutschen Hersteller und Zulieferer ihren Anteil inländischer Lieferanten. Dabei ist es eine wesentliche Herausforderung, dass diese Lieferanten den weltweit hohen Qualitätsansprüchen der deutschen Hersteller und Zulieferer genügen können. Um die Unternehmen dazu in die Lage zu versetzen, werden im VDA QMC Moskau Mitarbeiter entsprechend bewährter Qualitätsstandards und Richtlinien geschult.

Das Motto dabei lautet: "Premiumqualität nicht nur im Premiumsegment". 2015 wird das VDA QMC Russland ca. 800 Teilnehmer in russischsprachigen Qualitätsmanagementseminaren trainieren. Zu den Inhalten gehören Qualitätsmanagementsysteme, Qualitätsmanagementmethoden sowie das Wissen um praktische Qualitätssicherungswerkzeuge. Zu dem VDA QMC-Kunden zählen mehr als 70 Unternehmen, darunter sind deutsche Firmen aber auch viele russische Zulieferer und Hersteller.


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