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Thema: Wirtschaft & Handel


Investitionen bei Bentley

In den neuen Fertigungsanlagen des Continental GT in Crewe bilden hochmoderne Produktionstechnologie und traditionelles Handwerk eine Allianz, unter der ein Grand Tourer von außerordentlicher Präzision und Performance entsteht.

Langfristige Investition der Volkswagen Gruppe

Als die Volkswagen AG das Unternehmen 1998 erwarb, beschloss der Konzern ein Investitionsprogramm von £ 500 Millionen in den Standort Crewe und in neue Produkte. £ 216 Millionen wurden in die neue Fertigung des Continental GT investiert, von denen £ 153 Millionen allein in Werkzeuge und technische Ausrüstung durch Zulieferer flossen. Die übrigen £ 63 Millionen wurden in den Standort Crewe investiert; sie stellen die größte Einzelinvestition in die Fabrik seit ihrem Bau als Motorenwerk der Luftfahrtindustrie im Jahr 1938 dar. Das 18-Monats-Programm umfasste mehr als 400 Auftragnehmer. In dessen Verlauf wurden mehr als 12.000 Tonnen Altmaterial entfernt. Neben Veränderungen an der Hauptfertigungsanlage wurden neue Straßen, ein LKW-Umschlagplatz sowie zwei neue Logistikzentren gebaut, um Raum für das fünffache Anliefervolumen auf dem Gelände sicherzustellen.

Nahezu jeder Produktionsbereich in Crewe wurde seither entweder renoviert oder neu geschaffen. Die Prototypenhalle, das Lager für lackierte Karosserien, die Fertigungslinie, die Testanlagen, die Lederwerkstatt, die Motoren-Montagelinie, das Qualitätszentrum und die Montagehalle entstanden gänzlich neu, während die Holzwerkstatt renoviert und erweitert wurde. Ebenfalls neu aufgebaut wurden das Zentrum für die Fahrzeugentwicklung, das Design-Studio und der Bereich für die Auslieferungsinspektionen.

Sehr sorgfältig ausgesucht wurden zudem die Hauptzulieferer. Die Zahl der Partner-Unternehmen, die einzelne Komponenten des Continental GT herstellen, liegt bei 250; bei den Arnage Modellen T, R und RL sind es dagegen 500. Das Ergebnis im Fall des Continental GT: kürzere Kommunikations- und Reaktionszeiten sowie eine bessere Kosteneffizienz.

Ausgewogene Investition in Hightech und Handwerkskunst

Durch die Investition von £63 Millionen wurde der Standort Crewe grundlegend verändert. Die Investitionen in die Gebäude und das Grundstück betrugen £13 Millionen; auf die neue Fertigungsstraße und Ledermanufaktur entfielen £18 Millionen, auf die neue Motormontagelinie £10 Millionen. Die Erweiterung der Holzwerkstatt und neue Produktionsausrüstungen wie Laserschneider oder automatische Lacksprüh-Kabinen kosteten £6 Millionen. Die verbleibenden £16 Millionen investierte Bentley in ein neues Qualitätszentrum und den Logistikbereich.

Während die Herstellung eines Arnage in Crewe rund 450 Arbeitsstunden erfordert, sind es beim Continental GT dank der radikal neu konzipierten Produktionsanlagen nur 150 Stunden. Dabei ist das Coupé immer noch ein handgefertigtes und extrem arbeitsintensives Auto. Ein interessanter Vergleich: Ein typischer Grosserienwagen entsteht heute in nur 20 Stunden.

Eine der wesentlichen Errungenschaften der neuen Fertigungsanlage in Crewe ist, dass alle Veredelungsschritte der Handwerkskunst und der Individualisierung erhalten bleiben. Nur zwei Stationen der gesamten Montagelinie sind mit Industrierobotern bestückt. Zudem steht der Produktionsprozess von Anfang bis Ende immer noch unter der Kontrolle der qualifizierten und erfahrenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen aus Crewe.

Unabhängigkeitserklärungen

Das neue Crewe und der neue Bentley Continental GT wären ohne die weitsichtigen Investitionen und Ressourcen der Volkswagen AG nicht realisierbar gewesen. Dabei gilt: Obwohl die beachtlichen Ressourcen des Konzerns in den Bereichen Technologie und Maschinenbau von entscheidender Bedeutung für die Entwicklung des Continental GT waren, entschied der Vorstand von Bentley Motors, dass sowohl die Entwicklung als auch die Fertigung des Autos in Crewe verbleiben musste, damit der Continental GT seinen Rang als wahrer Erbe der Bentley Tradition einnehmen kann.

Als erstes Statement zur Unabhängigkeit der Marke fiel die Entscheidung über das Design. Folge: der Continental GT wurde im Bentley Styling Studio in Crewe entworfen; von einem 40-Mann-Team unter der Leitung des Chefdesigners Dirk van Braeckel. Als seine Inspiration führt er die "Emotionalität" und die "kontrollierten, muskulösen Linien" historischer Bentley Modelle wie dem R-Type Continental von 1952 und dem Speed Six von 1928 an. Beide Fahrzeuge besitzen heute Kultstatus. Sowohl das In- wie auch das Exterieur-Design des Continental GT zeigen eine klare Verbindung zu dieser großen Bentley Tradition; gleichwohl ist er eindeutig ein Sportwagen des 21. Jahrhunderts.

Der zweite Prüfstein in Sachen "Bentley" war der Motor des Continental GT. Auch er - ein Twin-Turbo-W12 - wird vollständig in Crewe montiert. Der Zwölfzylinder entwickelt eine Leistung von 411 kW / 560 PS und ein maximales Drehmoment von 650 Nm; Werte, die dem Continental GT typische Bentley Eigenschaften verleihen: mühelose Leistung und schier unerschöpfliche Kraftreserven.

Die Montage - über 750 Mitarbeiter und nur zwei Roboter

Die Investitionen in die Fahrzeugmontagelinie einschließlich der Bereiche Rohbau und Lederwerkstatt beliefen sich auf £18 Millionen. Automatisierungstechnik wurde in nur zwei Montagepunkte der Fertigungsanlage integriert. Montagepunkt 1: die Verbindung von Windschutzscheibe und Karosserie. Montagepunkt 2: die millimetergenaue "Hochzeit" von Motor und Karosserie. Überall sonst dominiert das Urteilsvermögen qualifizierter Mitarbeiter. Ein anderer Weg wäre für die Herstellung eines Bentley undenkbar.

Darüber hinaus wurde die Fertigungsanlage des Continental GT mit speziellen Prüfstationen ausgestattet. Hierzu gehören die Rad- und Scheinwerfereinstellung per Präzisionslaser, eine komplette dynamische "Rolling Road" ( zum Auswuchten des Antriebsstrangs und akustische Kontrolle), eine sogenannte "Monsunkammer" (Wassertest) und eine Rüttelanlage. Danach folgt ein realer Test auf einer 500 Meter langen neuen Teststrecke (auf dem Werksgelände); die Oberflächenbeschaffenheit der Strecke erlaubt es, den Wagen auf sieben verschiedenen Straßenzuständen zu testen.

Holz und Leder: Qualität ist wichtiger als Zeit

Für viele Kunden ist der Name Bentley eine Synonym für einen Innenraum aus handvernähtem Leder und poliertem Holzfurnier von unvergleichlicher Farbe und Glanz. Im Hinblick auf die Produktion des Continental GT bestand die Herausforderung darin, dem hohen Anspruch eines handgefertigten Bentley Innenraums trotz der neuen Preispositionierung vollends gerecht zu werden. Eine Investition von insgesamt £ 6 Millionen in die nun doppelt so große Holzwerkstatt stellt dabei sicher, dass die wirtschaftlichen wie qualitativen Zielvorgaben erreicht werden.

Dazu zwei Beispiele: Ein neuartiger Laser, der die hauchdünnen Scheiben feinen Holzfurniers in die richtige Form schneidet, arbeitet präziser und erzeugt weniger Abfall, als es bei der alten Pressschneidemethode der Fall gewesen ist. Aus ökologischen und fertigungstechnischen Gründen wird der Lack von Robotern aufgetragen, um ein perfektes Finish ohne Beeinträchtigung durch Staubeinschlüsse im Lack zu ermöglichen). Dennoch bleiben menschliches Urteilsvermögen und Handwerkskunst unerlässlich: Die Holzarbeiten für einen Continental GT benötigen 18 Stunden - Massenhersteller fertigen in dieser Zeit ein ganzes Auto.

Um das Leder in die für die Polsterung benötigten Stücke zu schneiden, legt eine computergesteuerte Laserschnitteinrichtung die optimale Verwendung des natürlichen Materials fest. Trotzdem ist auch hier weiterhin menschliche Urteilskraft und Erfahrung erforderlich, um die Leder aufeinander abzustimmen und einzeln auf Fehler zu überprüfen; schadhafte Stellen werden mit fluoreszierendem Klebeband markiert, vom Laser erkannt und ausgespart.

Das neue Qualitätszentrum übertrifft die Benchmark Standards

Um sicherzustellen, dass der neue Continental GT die Benchmark Standards im Hinblick auf die Präzision und Konstanz in der Produktion einhält oder übertrifft, wurde in Crewe ein neues Qualitätszentrum installiert. Die £ 4 Millionen teure Einrichtung ist unter anderem in der Lage, Sonnenschein, unterschiedlichste Luftfeuchtigkeitswerte und Witterungsbedingungen und mechanische Tests zu simulieren. Zudem steht ein digitales Mikroskop mit bis zu 1000facher Vergrößerung zur Verfügung. Das Qualitätszentrum kann die Fehlerlosigkeit von Teilen jeder Größe mit einer Genauigkeit im Bereich von 0,5 Mikron messen - von der kompletten Karosserie bis hin zur kleinsten Komponente.


Menschen: der Grundstein von Crewe

Trotz all der Investitionen in die Betriebsanlagen und hochmodernen Technologien bleiben die 2.800 Mitarbeiter in Crewe das wichtigste Kapital des Unternehmens. Um sich für die Produktion des Continental GT zu rüsten, hat Bentley Motors in den letzten drei Jahren mehr als 1.000 weitere Mitarbeiter eingestellt. Jeder dieser neuen Kollegen nahm an Trainings- und Entwicklungsprogrammen teil. Ziel: die Bentley Arbeitsmethoden erlernen und eines Tages auch weitergeben zu können. Statt für Trainingsprogramme "von der Stange" entschied sich die Personalabteilung in Crewe, eigene maßgeschneiderte Ausbildungspläne zu entwickeln, die speziell auf die Anforderungen und die Philosophie des Unternehmens zugeschnitten sind.

Die Mitarbeiter absolvieren zudem ein "Customer Awareness Training", bei dem sie lernen, die Fahrzeuge und die Fabrik mit den Augen eines Bentley Kunden zu sehen. Darüber hinaus werden Arbeitsgruppen von nicht mehr als sechs Personen gebildet; sie treffen sich am Anfang jeder Schicht, um die Arbeit des Tages und alle sonst aufkommenden Belange zu diskutieren. Bentley legt zudem hohen Wert auf die Entwicklung der Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens: Die Mehrheit der Manager und Teamleiter stammen aus den eigenen Reihen.

Aufrüsten für den Continental GT

Aufgrund der immens hohen Nachfrage nach dem Continental GT rüstet sich das Produktionsteam in Crewe für einen Zweischichtbetrieb. Um dies zu ermöglichen, sind bereits 220 Mitarbeiter ausgebildet worden, um die zweite Schicht zu leiten; für den September plant das Unternehmen die Einstellung weiterer 350 Mitarbeiter, damit die Personalanforderungen an einen Zweischichtbetrieb voll erfüllt werden können. Die Personalsuche wird sich erneut auf die lokale Umgebung konzentrieren.

Spürbarer Stolz

Nach dem Bentley-Doppelsieg in Le Mans 2003 wurden alle sechs Bentley-Fahrer - und das Siegerfahrzeug - zu einer "Ehrenrunde" in die Bentley-Fabrik nach Crewe eingeladen. Das Team Bentley wurde von den begeisterten Mitarbeitern frenetisch begrüßt: Die Beschäftigten standen regelrecht Schlange, um die Fahrer zu treffen und den Speed 8 aus der Nähe zu betrachten.

Mit Ruhezonen in der Nähe der Arbeitsplätze, dem neu erbauten Sport- und Freizeitzentrum "Legends" neben der Fabrik und einer örtlichen Infrastruktur inklusive Zahnarzt und Physiotherapie zeigt Bentley Motors als Arbeitgeber ein hohes Maß an Verantwortung für seine Mitarbeiter. Der Stolz, mit dem sich die 2.800 Beschäftigten in Crewe mit ihrem Unternehmen identifizieren, ist spürbar. Und sobald Besucher eine Tour durch die Fabrik machen, wird einmal mehr deutlich, dass diese Menschen, die hier Automobile von Hand herstellen, die besten Botschafter der Marke und ihr wichtigstes Kapital sind.


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