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Thema: Motor & Technik


Internet-Protokoll im automobilen Bordnetz

Forschungsprojekt Bordnetz der ZukunftDas Bundesministerium für Bildung und Forschung startete vor kurzem im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung und des Forschungsförderungsprogramms IKT2020 das Forschungsprojekt "SEIS – Sicherheit in Eingebetteten IP-basierten Systemen". Ziel der Initiative ist die Entwicklung einer durchgängigen Security-Lösung für die fahrzeuginterne und -externe Vernetzung auf Basis des Internet-Protokolls, um die Komplexität der heutigen Fahrzeug-IT-Architektur zu reduzieren und gleichzeitig die Betriebssicherheit zu gewährleisten. Das Projekt der Innovationsallianz Automobilelektronik (E|ENOVA) besteht aus 12 Partnern der deutschen Automobilindustrie und 6 Forschungseinrichtungen. Das Förderprojekt hat in den nächsten drei Jahren ein Gesamtbudget von ca. 18 Millionen Euro zur Verfügung. Die BMW Group Forschung und Technik ist Teilprojektleiterin für den Bereich Systemsoftware/Middleware und koordiniert das Gesamtprojekt.

Das automobile Bordnetz – gestern und heute

Noch vor einigen Jahrzehnten gab es in einem PKW nur wenig Elektrik und kaum Elektronik. Im Motorraum steckten Batterie, Lichtmaschine, Regler, Anlasser und Zündung. Am Armaturenbrett fanden sich Schalter, Kontrolllämpchen, Blinkerrelais und Sicherungen. Vom Armaturenbrett bis zum Fahrzeugheck gab es nur noch einige Leuchten und die dazugehörigen Kabel. Das Autoradio bildete die Krönung der Fahrzeugelektronik in einem Auto bis zur Mitte der 1970er Jahre.

Aufgrund der Funktionsmehrung durch Kundenanforderungen, Wettbewerb und gesetzliche Rahmenbedingungen nimmt die Informationstechnologie im Fahrzeug mittlerweile jedoch zentrale Bedeutung ein, da 90% aller Innovationen mit dem Einsatz von Elektronik und Software verbunden sind. Bis zu 70 Steuergeräte (z. B. für die Motorsteuerung oder die Dynamic Stability Control) werden aktuell in Premiumfahrzeugen der Oberklasse verbaut. Das bedeutet: Ein modernes Fahrzeug hat mehrere hundert elektrische und elektronische Funktionen sowie – bei Vollausstattung – bis zu 1 GByte Daten an Bord. Diese Funktionen mit ihren Steuergeräten werden entsprechend ihren Anforderungen in Domänen gekapselt. Um diese Daten zu transportieren, arbeiten in einem aktuellen Fahrzeug bis zu 5 unterschiedliche Bussysteme wie CAN, LIN, MOST und FlexRay nebeneinander und über Gateways zusammen. Alle erfüllen die Anforderungen ihres jeweiligen Einsatzgebietes optimal, aber alle diese Bussysteme sprechen eine eigene automobile "Sprache", die – um im Bild zu bleiben – immer übersetzt werden muss, wenn Informationen von verschiedenen Systemen genutzt werden wollen. Diese steigende Komplexität macht es im aktuellen Fahrzeug-IT-Architekturansatz zunehmend schwer, alle Anforderungen bezüglich Zuverlässigkeit, Wartbarkeit, Skalierbarkeit und Gleichteileverwendung zu erfüllen.

IP - Das automobile Bordnetz der Zukunft

Auf der Suche nach einer einheitlichen Standardsprache für das Netzwerk "Automobil" stießen die Ingenieure der BMW Group Forschung und Technik – als Grundlage für das Projekt SEIS – vor einigen Jahren bereits auf das Internet Protokoll, der Sprache des weltumspannenden Internets ebenso wie vieler Endgeräte vom MP3-Player bis zum Laptop. Für den praktischen Nachweis bauten die Spezialisten ein Versuchsfahrzeug mit einem IP-basierten Bordnetz auf. Hierfür kamen, wo möglich, Standardkomponenten aus dem PC- und Embedded-Bereich zum Einsatz. Auch aktuelle Steuergeräte wie die Motorsteuerung (DME) und das Fahrregelsystem DSC (Dynamic Stability Control), sowie die so genannte Head-Unit, die z. B. das Radio steuert, wurden in das IP-Netzwerk eingebunden. Über von den Forschern selbst gebaute Gateways ist die Fahrzeugbuskommunikation in Echtzeit mit dem Fahrzeug-IP-Netz verbunden. An das leistungsfähige IP-Netz wurden darüber hinaus ein Multimediaserver und optional eine Kamera angeschlossen. Mit diesem Aufbau konnte u. a. der Nachweis erbracht werden, dass ein IP-basiertes Netzwerk sowohl sicherheitskritische Fahrwerkssysteme in Echtzeit als auch Multimedia-Anwendungen mit hohem Datenvolumen parallel ausführen kann.

Etablierung und Absicherung der revolutionären Bordnetztechnologie IP

Die Experten im Projekt SEIS werden alle technischen Grundlagen untersuchen, die für die Einführung eines IP-basierten Fahrzeugbordnetzes notwendig sind, z. B. adaptierte Versionen von Ethernet oder FlexRay. Darüberhinaus wird an einer durchgängigen Security-Lösung für die Fahrzeugvernetzung auf der Basis von IP geforscht. Ein Schwerpunkt der Spezialisten der BMW Group Forschung und Technik ist die Weiterentwicklung von Systemsoftware, damit im IP-basierten Bordnetz der Zukunft aus Softwaresicht alle Funktionalitäten verfügbar sind, die man heute aus den traditionellen Bussystemen kennt. Schließlich werden alle beteiligten Fahrzeughersteller Prototypen-Fahrzeuge mit einer IP-basierten Vernetzungsarchitektur aufbauen und damit verschiedene Use Cases darstellen, beispielsweise IP-basierte Kameras, Infotainmentsysteme, CE-Geräte-Kopplung, Regelsysteme, Robustheit gegen Hacker-Angriffe etc.

Folgende Unternehmen sind an dem Projekt beteiligt: Alcatel-Lucent Deutschland AG, Audi AG, Audi Electronics Venture GmbH, BMW AG, BMW Forschung und Technik GmbH, Continental Automotive GmbH, Daimler AG, EADS Deutschland GmbH, Elektrobit Automotive GmbH, Infineon Technologies AG, Robert Bosch GmbH, Volkswagen AG sowie die Universitäten Chemnitz, Erlangen, Karlsruhe und München, die Fraunhofer-Einrichtung für Systeme der Kommunikationstechnik ESK und das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT.

Die BMW Forschung und Technik GmbH ist eine 100%-ige Tochter der BMW Group und verantwortet seit 2003 die Forschungsthemen VehicleTechnology, CleanEnergy (Wasserstofftechnik), EfficientDynamics(intelligentes Energiemanagement/alternative Antriebe), ConnectedDrive(Fahrerassistenz/aktive Sicherheit) und ITDrive (IT-Architektur und Kommunikationstechnologie). Die rechtliche Eigenständigkeit als GmbH garantiert kreativen Freiraum und ein Maximum an Flexibilität. Der weltweite Zugang zu Trends und Technologien wird durch ein international etabliertes Netzwerk mit den Stützpunkten Palo Alto und Clemson (USA), Tokio (Japan) sowie den Liason Offices mit Eurécom (Sophia Antipolis, Frankreich) und dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz(DFKI GmbH, Saarbrücken) sichergestellt.


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