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Thema: Historie


Volvo 6-Zylindermotoren - Gestern und Heute

Volvo PV651 von 19291929 lief mit dem Volvo PV651 der erste 6-Zylinder des schwedischen Herstellers mit 55 PS vom Band. Heute treiben kultivierte Volvo Motoren mit bis zu 285 PS und 400 Nm die schwedischen Premiumfahrzeuge an.

Die 2-Liter-4-Zylindermotoren der ersten Volvo Serienmodelle waren kaum gestartet, da mussten sie ihren Platz für größere, geschmeidigere und kraftvollere 6-Zylindertriebwerke räumen. Denn auch die Wettbewerber auf dem amerikanischen Markt hatten begonnen, diese Motorengattung einzuführen. 2009 markiert den 80. Jahrestag des Volvo DB-6-Zylindermotors, denn ab 1929 – mit einer 10-jährigen Unterbrechung zwischen 1958 und 1968 – wurden Volvo Modelle mit 6-Zylindermotoren angeboten.

Motorenlieferant Penta Works hatte etwa 1.000 4-Zylindermotoren der Serie DA gebaut, als die Produktion auf 6-Zylindertriebwerke umgestellt wurde. Die Entscheidung war so alt oder sogar noch älter als die Marke Volvo selbst: Schon vor Produktionsanlauf des ersten Serienmodells ÖV4 hatte festgestanden, dass so schnell wie möglich ein 6-Zylinder kommen sollte. Und das nicht nur aus Wettbewerbsgründen: Denn Volvo hatte von Beginn an auch die Produktion schwerer Fahrzeuge geplant. Bis die 6-Zylinder schließlich kamen, vergingen allerdings noch 2 Jahre.

Warum 6-Zylinder?

Reihen-4-Zylinder sind prinzipbedingt limitiert. Einfach ausgedrückt: Je kleiner ein 4-Zylinder, desto ruhiger der Motorlauf. Weil sich ein Kolbenpaar auf- und das andere abwärts bewegt, entstehen bei der regulären Zündfolge 1-3-4-2 Vibrationen. Je kleiner und leichter die Kolben, desto geringer die Störwirkung. Die Ursache dieser Vibrationen sind sogenannte freie Massenkräfte 2. Ordnung, das Ziel der Konstrukteure ist, diese Massen so klein wie möglich zu halten. Aus diesen Komforterwägungen heraus sollte der Hubraum eines 4-Zylindermotors 2,5 Liter nicht überschreiten.

Für eine Reihen-6-Zylinder-Konfiguration dagegen sind Hubräume von 2,5 Litern und mehr ideal. Aufgrund der üblichen Zündfolge (1-5-3-6-2-4) zeichnen die 6 Kolben ein deutlich gleichmäßigeres Bewegungsbild und gleichen sich in den Massenkräften gegenseitig aus, außerdem hat die Größe des Triebwerks keinen Einfluss auf den Antriebskomfort. So gab es in der Vergangenheit viele große 6-Zylindermotoren mit bis zu 25 Litern Hubraum. Die aktuelle Motorenpalette der Volvo Truck Baureihe FH verfügt über Triebwerke mit immerhin 16 Litern Hubraum.

Der erste seiner Art bei Volvo

Im Frühjahr 1929 erblickte der 6-Zylindermotor im neuen Volvo PV651 das Licht der Welt, ein Modell, das deutlich größer und komfortabler war als Volvo ÖV4 und Volvo PV4. Die 6 in der Typenbezeichnung wies auf die Zylinderzahl hin, die 5 stand für die Anzahl der Sitze und die 1 für die erste Variante der neuen Modellreihe. Der DB-Motor stellte ein konventionelles Stück Maschinenbau dar, völlig aus Grauguss gefertigt, mit seitlich stehenden Ventilen, 3.010 cm3 Hubraum und 55 PS. Immerhin brachte er damit den PV651 mühelos über die 100-km/h-Marke. Ein recht extravagantes Konstruktionsdetail war die 7-fach gelagerte, statisch und dynamisch ausgeglichene Kurbelwelle.

Als ökonomisch galt in jenen Tagen alles, was weniger als 20 Liter Kraftstoff pro 100 km verbrauchte. Der neue 6-Zylinder galt demnach als sehr sparsam, außerdem als zuverlässig und langlebig. Eigenschaften, die über die Jahre für die D- und E-Versionen des Volvo 6-Zylinders charakteristisch sein sollten.

In den Dreißigerjahren bildete der DB-Motor die Grundlage sämtlicher Volvo Motorenentwicklungen, selbst einige Nutzfahrzeug- und Busmotoren basierten auf ihm. Von der Urversion mit 55 PS und 3.010 cm3 Hubraum wurden zahlreiche Versionen abgeleitet. Den Endpunkt dieser Entwicklung markierte die Ausführung ED mit 3.670 cm3 Hubraum und 91 PS, ein Motor, der mit seiner Charakteristik noch heute in der Lage wäre, den Anforderungen des modernen Straßenverkehrs gerecht zu werden. Denn die Triebwerke waren kräftig, leise, geschmeidig und äußerst standfest. Die seitlich stehende Ventilanordnung war übrigens noch bis 1958 in Gebrauch.

Noch bevor die Produktion des ED-Triebwerks im Motorenwerk Skövde endgültig auslief, hatten die Volvo Ingenieure mit der Entwicklung eines neuen, modernen 6-Zylindertriebwerks mit guten Perspektiven für die Zukunft begonnen. Für die Zukunft in 10 Jahren – denn ab 1958 waren Volvo Modelle vorübergehend nicht mit 6-Zylindermotoren erhältlich: Bis 1968 sollten verschiedene Versionen der 4-Zylinder-Baureihen B16, B18 und B20 an ihre Stelle treten.

Für das Projekt Nr. 358, so der Entwicklungscode für ein neues, großes Volvo Modell, war ursprünglich der V8-Motor aus dem Prototypen Philip von 1953 vorgesehen. Daraus wurde zwar nichts, dennoch machte dieser Motor seinen Weg und trieb unter der Bezeichnung B36 den Leicht-Lkw Volvo Snabbe an. Im Projekt 358 kam stattdessen ein 2,7-Liter-Reihen-6-Zylinder zum Einsatz, versehen mit der Option auf eine Hubraumvergrößerung auf 3 Liter. Obwohl der Begriff Modulbauweise seinerzeit noch nicht geprägt war, entsprach der konstruktive Aufbau des neuen B30-Motors exakt diesem intelligenten Muster. Basierte er doch auf den bewährten Prinzipien des B18-4-Zylinders, jenem Triebwerk, das im Herbst 1968 als B20 zeitgleich mit dem B30 vorgestellt wurde. B20 und B30 verfügten über identische Designmerkmale, die schon dem B18 einen exzellenten Ruf im Hinblick auf Zuverlässigkeit und Langlebigkeit verschafft hatten. Das modulare Konzept zeigte sich darin, dass die Bohrungs-Hub-Verhältnisse (88,9 x 80 mm) beider Motoren übereinstimmten und Kolben, Pleuel, Ventile sowie Komponenten des Ventiltriebs untereinander austauschbar waren.

Lang, schlank und sauber

Das neue Modell, in dem der B30-Motor sein Debüt gab, war der Volvo 164. Die Ziffernkombination wies wiederum auf die Zylinderzahl hin, auch wenn die entsprechende Zahl diesmal in der Mitte stand. Mit 130 DIN-PS, einem Drehmoment von 196 Nm und 6-zylindertypischer Laufkultur befand sich der Motor auf Augenhöhe mit den meisten 3-Liter-Versionen auf dem Markt, obwohl er mit einem Stößelstangen-Ventiltrieb und Graugussblock und -kopf nicht mehr das modernste Design aufwies. Führend war Volvo allerdings mit einem System zur Reduzierung der Abgasemissionen, das bei der Vorstellung des Wagens zur Standardausrüstung zählte.

Das Funktionsprinzip war nach heutigen Maßstäben simpel: Thermostatisch geregelte Vergaser hielten die Zusammensetzung des Kraftstoff-Luft-Gemischs unabhängig von der Außentemperatur konstant, während Ventile im Einlasstrakt das Gemisch verdampften und stark verwirbelten. Bei hohen Drehzahlen waren die Zusatzventile geöffnet und ließen das Gemisch direkt in die Brennräume passieren, da in diesem Betriebszustand die Verbrennungsqualität auch ohne Verdampfung gut war. Das Resultat: Abgase mit niedrigen Konzentrationen an Kohlenmonoxid und Kohlenwasserstoffen. Abgaskatalysatoren lagen damals noch in ferner Zukunft.

1971 erhielt der B30-Motor eine elektronische Kraftstoffeinspritzung (B30E), die die Leistung um weitere 30 PS auf nunmehr 160 DIN-PS erhöhte: Volvo 164E Fahrer hatten damit das seinerzeit leistungsstärkste Volvo Triebwerk zur Verfügung. Der nächste 6-Zylinder, der in Volvo Modellen zum Einsatz kommen sollte, war das Resultat einer internationalen Kooperation und wies eine V-Konfiguration auf.

Vom Reihen- zum V-Motor

Anfang der 1970er Jahre trat Volvo einem Motorenprojekt zweier französischer Hersteller bei, dessen Ziel die Entwicklung eines V8-Triebwerks war. Zeit und Realität holten den Plan jedoch ein und korrigierten den Kurs in eine neue Richtung, deren Resultat ein V6-Aggregat war. Mit diesem "PRV"-Projekt teilten sich die Beteiligten die Entwicklungskosten und richteten eine gemeinsame Produktion im französischen Douvin ein. Dessen erstes Produkt war ein Motor, der im Herbst 1974 im neuen Volvo 264 zum Einsatz kam: ein komplett aus Aluminium gefertigtes 2,7-Liter-V6-Triebwerk mit der Bezeichnung B27E, dessen Zylinderwinkel von 90 Grad die ursprüngliche Bestimmung als V8-Motor verriet. Pro Zylinderbank rotierte eine obenliegende, per Kette angetriebene Nockenwelle. Die Leistung des Triebwerks betrug 140 PS bei 6.000 1/min, das maximale Drehmoment 200 Nm. Der kürzere und deutlich leichtere PRV-V6 benötigte weniger Einbauraum als der lange B30 und kam nicht nur in den Volvo Modellen 260, 760 und 780, sondern auch in verschiedenen weiteren Fahrzeugen zum Einsatz.

Natürlich wurde der Motor über die Jahre weiterentwickelt und verbessert. So wuchs der Hubraum auf 2,8 Liter und verschiedene technische Neuerungen kamen hinzu, die meisten in den Bereichen Zündung, Kraftstoffeinspitzung und Abgaskontrolle. Die Leistung stieg auf 156 PS (1987-1990) und die Motoren waren sehr kultiviert sowie bei entsprechender Wartung äußerst zuverlässig. 1982 wurde seine letzte Entwicklungsstufe, der B28E, vorgestellt.

Kompakter Reihen-6-Zylinder mit bis zu 3 Litern Hubraum

Der Volvo 260 lief 1985 aus. Als im Sommer 1990 dann auch die Baureihe 760 durch den neuen 960 ersetzt wurde, wiederfuhr das Gleiche dem V6-Triebwerk. Die Ablösung erfolgte durch einen brandneuen 6-Zylinder in Reihenbauweise mit annähernd 3 Litern Hubraum und vollständig aus Aluminium gefertigt. Das Triebwerk war der erste Vertreter der neuen, modularen Motorenfamilie der sogenannten "N (wie new) Serie", die bis heute als Basis des Volvo Motorenprogramms fungiert und seit 1998 im Quereinbau front- und allradgetriebene Modelle mobilisiert.

Die größte Motorvariante erschien als Erste. Die offizielle Typenbezeichnung lautete B6304F, intern wurde das Triebwerk von den Volvo Ingenieuren aber liebevoll N3P genannt. Die Entwicklung erfolgte grundsätzlich im heimischen Göteborg, beim Zylinderkopfdesign mit der Unterstützung von Porsche. Gebaut wurde der Motor im damals Motorenwerk Skövde. Das Triebwerk zeichnete sich durch modernste Konstruktionsmerkmale aus: niedriges Gewicht, kompakte Abmessungen, 2 obenliegende Nockenwellen, Mehrventiltechnik, ein fortschrittliches Brennraumdesign und eng zusammenliegende Zylinderbohrungen. Kurios waren das Verdichtungsverhältnis von 11:1 und - nach 22 Jahren Kurzhub-6-Zylindern – die langhubige Auslegung.

Mit einer Leistung von 204 PS bei 6.000 1/min durchbrach Volvo die magische 200-PS-Marke, das maximale Drehmoment des neuen Motors lag bei 267 Nm, zudem agierte das neue Triebwerk spontan und seidenweich. Da der Motor aus einer modularen Motorenfamilie stammte, stand ihm bald eine Fünfzylinderversion zur Seite, die im neuen Volvo 850 GLT im Quereinbau zum Einsatz kam, ebenso wie einige Jahre später die 4-Zylindertriebwerke der Modelle Volvo S40 und Volvo V40.

Der erste Volvo 6-Zylinder mit Turboaufladung

Bis zum Produktionsende der Baureihen Volvo S90 und Volvo V90 (Nachfolger des Volvo 960) im Jahr 1998 blieb der Reihen-6-Zylinder unverändert, mit ihm endete auch die Volvo Modellära mit längs eingebauten Motoren und Heckantrieb. Der neue 6-Zylindermotor trieb in einem neuen Volvo Modell erstmals die Vorderräder an: Es war die erste Version des Volvo S80, auf dessen technischer Plattform zahlreich weitere Modelle folgen sollten.

Um quer zur Fahrtrichtung im Motorraum Platz zu finden, muss ein 6-Zylindermotor kompakt bauen, eine Vorgabe, die der neue B6304S erfüllte. Er wurde vom Start weg in 2 Versionen angeboten: in einer 2,9-Liter-Saugerversion mit 204 PS und einer Ausführung mit 2,8 Litern Hubraum und 2 Turboladern (B6284T). Diese T6 genannte Variante im Volvo S80 markierte mit 272 PS die bisherige Leistungsspitze in der Volvo 6-Zylinder-Historie und generierte mit 380 Nm ein maximales Drehmoment, das in einer Drehzahlspanne zwischen 2.000 und 6.000 1/min in voller Höhe anlag. Der T6 kam auch in der ersten, 2002 vorgestellten SUV-Generation Volvo XC90 zum Einsatz. Für den Motor die bisher größte Herauforderung, denn das Auto war nicht nur größer und schwerer als die übrigen Modelle der Marke, sondern verfügte auch über Allradantrieb.

Das modulare Motorenkonzept wurde weitergeführt und als Resultat der 2006 vorgestellte 3,2-Liter-Saugmotor präsentiert: mit einem Plus an Leistung, aber niedrigerem Kraftstoffverbrauch und reduzierten Schadstoffemissionen; auch der überarbeitete T6 mit 3 Litern Hubraum bot verbesserte Leistungs- und Drehmomentwerte. Beide Triebwerke waren von Beginn an in der Konfiguration Quereinbau/Allradantrieb für den Einsatz in den Modellreihen Volvo S80 und Volvo XC90 vorgesehen.

80 Jahre Volvo 6-Zylinder-Motorengeschichte (1929-2009) in der Übersicht

TypHubraum (cm3)Leistung (PS)Max. Drehmoment (Nm)Literleistung (PS/l)
DB 1929 - 19313.0105516018
ED 1935 - 19583.6709121525
B30* 1968 - 19742.97813019644
B27E 1974 - 19802.66414121053
B280 1980 - 19902.84915624555
B6304F** 1990 - 20062.922204267 (280)69
B6284T*** 1998 - 20062.78327238098
B632S 2006 -3.19223832075
B6304T2*** 2006 -2.95328540097

* B30E: 160 PS / 230 Nm / 54 PS/l

** 1990 - 1998: B6304F, danach (1998 - 2006) B6304S

*** mit Turboaufladung


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