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Ein Name wird Markenzeichen - 75 Jahre Opel BlitzAller Laster Anfang Die Ursprünge des Nutzfahrzeugbaus beim Automobilpionier Opel liegen noch weiter zurück. Bereits 1899 fertigt das Unternehmen auf Basis des 3,5 PS starken Patentmotorwagens "System Lutzmann" den ersten Lieferwagen. Der "Coloss von Motorkraftwagen", wie ihn die örtliche Presse beschreibt, mit Gepäckkastenaufbau ist der erste Lieferwagen seiner Art und Vorbild für weitere Nutzfahrzeuge aus Rüsselsheim. Mit dem Ersten Weltkrieg halten vom Militär vorgegebene, firmenübergreifende Normen für den Bau von "Regel-Lastwagen" bis zu vier Tonnen Einzug. In dieser Zeit avanciert Opel zum größten Pkw- und Lkw-Produzenten Deutschlands. In den 20er Jahren entsteht eine neue Nutzfahrzeug-Palette aus kleineren Leichtlastwagen mit einer Zuladung von ein bis zwei Tonnen. 1930 präsentiert das Unternehmen eine weitere Generation von modern konzipierten Nutzfahrzeugen, für die eine einprägsame Modellbezeichnung mit fünf Buchstaben gefunden werden soll. Der Name für das neue Produkt wird unter den Mitarbeitern per Preisausschreiben gesucht. "Ein Opel ist zu gewinnen! Wir suchen einen Namen, den wir in der ganzen Welt berühmt machen wollen! Der neue Lastwagen soll seinen Siegeszug durch Deutschland und über Deutschlands Grenzen hinaus unter einem Namen antreten, der ihn als deutsches Fabrikat kennzeichnet und gleichzeitig Ausdruck seiner überlegenen Qualität ist", ruft Geheimrat Dr. Wilhelm von Opel die Mitarbeiter auf. Einsendeschluss ist der 06. Oktober 1930, der Hauptgewinn besteht aus einer 4/20 PS-Limousine, vier Opel Motoclub-Motorräder sind die Preise zwei bis fünf. Die Wahl fällt auf "Blitz" – eine Bezeichnung, die bereits 1890 für Fahrräder aus den Opel-Werken Verwendung gefunden hatte und zum Synonym für die nächsten 45 Jahre Nutzfahrzeugbau der Adam Opel AG werden wird. Variabilität steht schon bei der Präsentation im November 1930 im Vordergrund: zwei Grundmodelle mit einer Nutzlast von 1,5 bis zwei Tonnen, drei unterschiedliche Radstände sowie zwei Motoren erfüllen die individuellen Wünsche der Kundschaft. Der 2,6-Liter-Vierzylindermotor aus eigener Produktion leistet 40 PS, der 3,6-Liter-"Maquette"-Sechszylindermotor, ein Triebwerk der GM-Tochter Buick, verfügt über 55 PS. Der Erfolg der "Blitz"-Lastwagen ist so groß, dass das Unternehmen fünf Jahre nach Aufnahme der Fertigung 1935 eigens ein Werk für die Nutzfahrzeug-Produktion baut. Aufbau Ost Am Stammsitz in Rüsselsheim sind alle Kapazitäten ausgelastet, Opel expandiert im Osten. In Brandenburg an der Havel wird eine neue Fertigungsstätte in modernster Industrie-Architektur errichtet, 850.000 Quadratmeter groß und ausschließlich dem Lastwagenbau vorbehalten. Am 7. April 1935 erfolgt der erste Spatenstich. 1.200 Mann arbeiten in drei Schichten und verbauen in Rekordzeit 1,5 Millionen Backsteine, vier Millionen Kilogramm Stahl, 15.000 Sack Zement und 17.500 Quadratmeter Glas. Am 10. August wird Richtfest gefeiert und am 18. Oktober 1935 – 190 Tage nach Grundsteinlegung – rollt der erste "Blitz"-Lastwagen vom Band. Als erstes Opel-Werk ist Brandenburg auf 100prozentige Fließbandproduktion ausgerichtet, die Kapazität beider Werke liegt bei 25.000 Blitz-Einheiten pro Jahr. Im gleichen Jahr stellt Opel einen Rekord auf: mit 102.293 gebauten Fahrzeugen überschreitet das Unternehmen als erster deutscher Hersteller die 100.000-Marke, der Marktanteil in Deutschland beträgt 40 Prozent. Im Jahr darauf ist die Adam Opel AG sogar der größte Fahrzeug-Hersteller Europas. Daran hat die Nutzfahrzeug-Produktion einen großen Anteil: 1936 werden 21.756 Fahrzeuge in den Werken Brandenburg und Rüsselsheim gefertigt. Im Juli 1937 verlässt in Brandenburg bereits der 25.000ste Blitz-Schnelllastwagen die Montagelinie. Im gleichen Jahr erneuert Opel das Motoren-Programm mit Triebwerken aus der Pkw-Produktion. Der Dreitonner Blitz erhält den modernen 3,6-Liter-Sechszylinder des Oberklassenmodells Opel Admiral, der hängende Ventile und eine von Stirnrädern angetriebene Nockenwelle besitzt. 75 PS leistet der Reihenmotor im Opel Blitz, der mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h schneller als mancher Personenwagen ist. Im 80 km/h schnellen Eintonner kommt der 1,5-Liter-ohv-Vierzylinder des Opel Olympia mit 37 PS zum Einsatz. Solide, zuverlässig, langlebig – der Blitz verfügt über sprichwörtliche Opel-Tugenden. Die machen ihn auch für die militärische Nutzung im Zweiten Weltkrieg interessant. 1945, zehn Jahre nach der Einweihung des neuen Werks, kommt die Blitz-Fertigung in Brandenburg zum Erliegen. Die Bausubstanz ist nach Angriffen alliierter Bomber zerstört, die verbliebenen Produktionsanlagen werden demontiert und gehen als Reparationsleistungen in die Sowjetunion. Ebenso ergeht es den Kadett-Linien in Rüsselsheim. Während der Kadett anschließend als "Moskwitsch" in Moskau vom Band läuft, werden die Blitz-Anlagen dort jedoch nie wieder montiert. Neubeginn West Mit dem Blitz beginnt im Rüsselsheimer Stammwerk der Neubeginn: der erste Nachkriegs-Opel ist ein Blitz-Lastkraftwagen 1,5 to. "Am Montag, den 15. Juli 1946 fand im Rahmen einer schlichten Feierstunde der Ablauf des ersten wieder serienmäßigen hergestellte Opel Blitz 1,5 Tonner Sechszylinder 2,5 Ltr. Schnelllastwagens statt, der das Signal zur Wiederaufnahme der Serienerzeugung von Kraftfahrzeugen bei der Adam Opel AG gegeben hat", lautet die Meldung. 6.600 Mark kostet der von einem Wiesbadener Unternehmer bestellte Blitz. Gegenüber der früheren Ausführung ist das zulässige Gesamtgewicht um 200 auf 3400 Kilogramm erhöht worden, die Nutzlast steigt somit auf 1.725 Kilo. Die hölzerne Pritsche ohne Plane, das Ganzstahl-Fahrerhaus, das Fahrwerk mit Blattfedern und Zwillingsbereifung an der Hinterachse entsprechen dem Vorkriegsstandard. Unter der langgestreckten Haube arbeitet der aus dem Kapitän bekannte ohv-Sechszylindermotor, der nun 55 PS leistet. 839 Blitz-Schnelllastwagen werden noch 1946 produziert. Wagen für das Wirtschaftswunder 1952 erhält der Opel Blitz ein neues Gesicht und eine neue Technik. Deutlich moderner gezeichnet, mit gerundetem Kühler und bauchigen Kotflügeln, entspricht der 1,75-Tonner der runden, vom US-amerikanischen Fahrzeug-Design beeinflussten Formensprache der 50er Jahre. Der 2,5-Liter-Sechszylinder leistet inzwischen 58 PS, der betont leise laufende Limousinen-Motor beschert dem Blitz eine Sonderstellung auf einem von rauen Lkw-Triebwerken bestimmten Markt. Der Clou des neuen Opel Blitz von 1955 ist die gestiegene Ladekapazität: mit 2 Tonnen Nutzlast kann er mehr zuladen als er wiegt. Der Blitz verfügt noch immer über einen tadellosen Ruf, Spezialfirmen liefern Busaufbauten, Möbelkoffer, Feuerwehren und Kommunal-Fahrzeuge auf Basis des wahlweise 3300 oder 3750 mm langen Fahrgestells. Rund 20.000 Exemplare, Rahmen eingerechnet, verlassen pro Jahr das Rüsselsheimer Werk, 89.767 "Rundschnauzer"-Einheiten sind es bis zum Modellwechsel 1960. 1959 debütiert auf der IAA in Frankfurt eine neue Blitz-Generation mit eckiger gezeichnetem Kastenwagen, schräg abfallender Schnauze und einer Vielzahl Aufbau-Varianten. Teile der Produktion werden ausgelagert. Den Kabinenbau samt Inneneinrichtung und Verkabelung übernimmt der Karosseriebauer Voll in Würzburg. In Rüsselsheim erfolgt die Verbindung mit Fahrgestell und Antriebsstrang. Das offiziell "Blitz 1,9-Tonnen" genannte Modell besitzt noch immer einen Sechszylinder-Benzinmotor, jetzt mit 70 PS. 1965 zeigt sich der Blitz-Lastwagen mit repräsentativer "Halbschnauzer"-Kabine deutlich modernisiert. Ein 70 PS starker Vierzylindermotor kommt zum Angebot hinzu. Der 1,9-Liter-Benziner besitzt eine seitlich im Kopf liegende, per Duplex-Kette angetriebene Nockenwelle (camshaft-in-head) und entstammt der neuen Motorengeneration, die 1965 im Opel Rekord B debütiert. Im 2,1- und 2,4-Tonner arbeitet seit 1966 wieder ein neuer Reihensechszylinder, welcher den Blitz-Lastwagen auf 110 km/h beschleunigt. Die auf 80 PS gedrosselte 2,5-Liter-Maschine stiftet erneut die gehobene Klasse – mit 115 PS treibt sie den neuen Opel Commodore an. Ende der 60er Jahre gehört der Opel Blitz noch immer zu den beliebtesten Leichtlastwagen auf dem deutschen Markt, fast jeder zweite Lkw mit Benzinmotor bis zu 3 Tonnen Nutzlast kommt von Opel. 1969 macht das Unternehmen einen wichtigen Schritt und stellt den Benzinern einen Selbstzünder zur Seite. 60 PS stark ist das 2,1 Liter-Diesel-"Indenor"-Aggregat der französischen Firma "Industrie Nord Est". Es bleibt die letzte Neuerung auf einem Geschäftsfeld, das aufgrund der immer weiter wachsenden Pkw-Produktion von Opel an Bedeutung verliert. Zwischen 1965 und 1975 werden insgesamt 47.368 Fahrzeuge mit Vergaser- und 7.374 mit Dieselmotor gebaut. Am 10. Januar 1975 endet die Produktion: Nach 442.312 in Rüsselsheim und Brandenburg gefertigten Blitz-Lastwagen wird jene Baureihe eingestellt, deren Bezeichnung zum Markenzeichen wurde. Der "Bedford"-Lieferwagen der englischen Konzernschwester Vauxhall, seit 1973 als Alternative im Programm und nun Bedford "Blitz" getauft, bleibt bis 1987 das einzig verfügbare Nutzfahrzeug. Zum 100-jährigen Bestehen des Unternehmens und der großen Lastwagen-Historie im Jahr 1999 lebt die "Blitz"-Idee wieder auf: mit den Modellen Arena und Movano startet Opel einen Neubeginn in der Nutzfahrzeug-Produktion. Heute stehen sowohl Movano als auch der Vivaro, als Nachfolger des Arena, in der großen Tradition des Opel Blitz. |
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